Freistellung nach Kündigung: Urlaub abgegolten, Überstunden nicht

Arbeitsrecht

Freistellung nach Kündigung: Urlaub abgegolten, Überstunden nicht

Nach einer Kündigung möchten viele Arbeitgeber die Freistellung des Arbeitnehmers, um der Stimmung im Betrieb nicht zu schaden. Dabei wird häufig ein bestehender Anspruch auf Urlaub abgegolten. Fraglich ist aber, inwieweit auch Über­stunden bei der Freistellung berücksichtigt werden können. Das Bundesarbeitsgericht musste sich unlängst mit einem derartigen Fall auseinandersetzen. Die rechtliche Würdigung und die Entscheidung des Gerichts sind Thema des folgenden Artikels.

Die Ausgangssituation: Überstunden nach Kündigung

Eine Sekretärin wurde im September von ihrem Arbeitgeber außerordentlich fristlos gekündigt. Die Arbeitnehmerin klagte gegen ihre Kündigung und einigte sich mit dem Arbeitgeber auf einen Vergleich und der Beendigung der Tätigkeit zum Januar 2017. Ihr Gleitzeitkonto wies zum Zeitpunkt der Kündigung ein Guthaben von gut 67 Stunden aus. Dies wollte die Sekretärin ausbezahlt bekommen und verlangte vom Arbeitgeber hierfür etwa 1.300 EUR brutto.

Der Vergleich, den beide Parteien ausgemacht hatten, sah eine unwiderrufliche Freistellung der Arbeitnehmerin vor. Die Arbeitnehmerin musste ihre Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, erhielt aber ihren vertraglichen Lohn bis einschließlich Januar 2017. Ansprüche auf Urlaub aus den Jahren 2016 und 2017 wurden in dieser Zeit angerechnet.

Die Arbeitnehmerin argumentierte, dass zwar der Anspruch auf Urlaub Teil des Vergleichs waren, aber keine Über­stunden. Diese Über­stunden wollte die Sekretärin daher ausgezahlt haben und klagte vor dem Arbeitsgericht.

Das Arbeitsgericht gab der Arbeitnehmerin Recht. Das Arbeitsgericht stellte fest, dass der getroffene Vergleich über die Freistellung nach der Kündigung keine Regelung zu den Über­stunden hatte. Der Vergleich hätte eines Antrags bedurft, nach dem der Abbau des Arbeitszeitkontos als Freizeitausgleich gewertet werden könnte. Diesen gab es jedoch nicht.

Die nächste Instanz, das Landesarbeitsgericht, gab dagegen dem Arbeitgeber recht. In der Erklärung führte das Gericht aus, dass aus der Nichtregelung der Über­stunden nicht zwingend darauf zu schließen sei, dass hier anders als beim Urlaub zu verfahren sei. Sie sahen eine explizite Regelung der Einbeziehung der Überstunden für nicht erforderlich.

Die Arbeitnehmerin legte Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht gab wiederum der Arbeitnehmerin recht. Sie stellten klar, dass zwingend eine Regelung hinsichtlich der Über­stunden in dem Vergleich notwendig gewesen wäre, ähnlich wie diese beim Urlaub vorhanden war. Die Arbeitnehmerin hätte aus dem Vergleich klar erkennen müssen, dass der Arbeitgeber nach der Freistellung gedenke, die Über­stunden wie den Urlaub als Freizeitausgleich abzugelten. Eine unwiderrufliche Entbindung des Arbeitnehmers von der Pflicht seine Arbeitsleistung zu erbringen genüge hier nicht.

Letztlich entschied, das Gericht, dass der Arbeitgeber die erbrachten Über­stunden der Mitarbeiterin bezahlen müsse.

Regelungen zur Freistellung nach einer Kündigung müssen sehr genau sein

Der vorliegende Fall zeigt deutlich, wie wichtig es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist, bei Vergleichen und Regelungen zu einer Freistellung, auf genaue Formulierungen zu achten. Werden keine Regelungen zu einer Abgeltung von Urlaub oder Über­stunden getroffen, ist eine rechtliche Auseinandersetzung vorprogrammiert. Der Arbeitnehmer hat mit dem vorliegenden Urteil des Bundesarbeitsgerichts ein gutes Musterurteil, um sich rechtlich zu wehren.

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