Kirchliches Arbeitsrecht: Scheidung ist kein Kündigungsrecht

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Kirchliches Arbeitsrecht: Scheidung ist kein Kündigungsgrund

Für die katholische Kirche gibt es keine Scheidung und steht somit in klarem Gegensatz zur Zivilehe nach Bürgerlichem Recht. Auf das tägliche Leben hat diese Haltung kaum einen Einfluss. Doch wie verhält es sich, wenn jemand für die Kirche beruflich tätig ist, und in Scheidung lebt? Was sagt kirchliches Arbeitsrecht dazu?

Katholizismus, Scheidung und Arbeitsrecht - die Kirche wird ein Stück weltlicher

Lange Zeit war eine Scheidung ein Kündigungsgrund. Denn die Scheidung ist nach katholischem Recht fragwürdig. Und kirchliches Arbeitsrecht hat dazu eine klare Haltung: Alles was für die Kirche fragwürdig ist, stellt ein Kündigungsrecht dar. Die Bischofskonferenz hat in Sachen Kirchliches Arbeitsrecht, Kündigungsrecht und Scheidung aber einen neuen Weg eingeschlagen – zum Vorteil der betroffenen Eheleute.

Kirchliches Arbeitsrecht neu: Die Wiederverheiratung nach einer Scheidung bedeutet nicht gleich Kündigung

Eine Scheidung, eine neuerliche Heirat nach der Scheidung oder sich als homosexuell zu outen wurde von der Kirche in der Vergangenheit oft als Kündigungsrecht angesehen. Kirchliches Arbeitsrecht verstieß damit jedoch regelmäßig gegen geltendes Arbeitsrecht und viele Kündigungen waren dementsprechend umstritten.

Jetzt kommt aber Bewegung in die alten Strukturen. Kirchliches Arbeitsrecht soll moderner werden und ein paar Vorschriften den aktuellen Lebensbedingungen anpassen, zum Beispiel die Folgen einer Scheidung. Das Kündigungsrecht wird jedoch nicht gänzlich entfernt, die Kündigung jedoch erschwert.

Wer in einer kirchlichen Schule, einem kirchlichen Krankenhaus oder Kindergarten arbeitet und sich nach einer Scheidung neu verheiratet, soll nicht sofort nach dem alten Kündigungsrecht behandelt werden und seine Anstellung verlieren. Stattdessen soll das Kündigungsrecht nur in Ausnahmefällen Anwendung finden. So sieht es kirchliches Arbeitsrecht künftig vor. Kirchliches Arbeitsrecht kennt somit keine automatische Kündigung mehr – so der einhellige Tenor der Bischofskonferenz.

Beurteilen anstatt nur Vollziehen

Herbeigeführt wurde die Änderung durch die Deutsche Bischofskonferenz. Bis dahin war kirchliches Arbeitsrecht keine Frage von Abwägungen, sondern ein reiner Vollzug sobald ein Kündigungsrecht vorlag. Die Scheidung war so ein Kündigungsgrund. Kirchliche Vorgesetzte verwiesen in der Vergangenheit immer auf kirchliches Arbeitsrecht, welches automatisch umgesetzt wurde, wenn ein Kündigungsrecht vorlag. Nunmehr kann sich kein kirchlicher Vorgesetzter mehr auf diesen Automatismus berufen.

Dass es gerade die Wiederverheiratung nach einer Scheidung betrifft, dürfte kein Zufall sein. Wie bereits erwähnt, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Entlassungen, da die Wiederverheiratung nach einer Scheidung ein Kündigungsrecht nach kirchlichem Arbeitsrecht darstellte. Viele der betroffenen Personen nahmen die Kündigung aber nicht hin und wandten sich an das Arbeitsgericht. Dort kam es immer wieder zu langwierigen Prozessen, die oft vor dem Bundesverfassungsgericht endeten. Diese Probleme sollen nun mit der Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts entschärft werden. Kirchliches Arbeitsrecht wird nunmehr an die Anforderungen von Gesellschaft und Rechtsstaat angepasst.

Mehr Rechte für die Gewerkschaften

Damit es nicht bei einem Fortschritt auf dem Papier bleibt, räumt die Deutsche Bischofskonferenz auch den Gewerkschaften mehr Rechte ein. Sie sollen nicht nur garantieren, dass eine Kündigung wegen einer Wiederverheiratung nach einer Scheidung zur Ausnahme wird. Die Gewerkschaften werden in Zukunft auch an Verhandlungen über Tarife und Arbeitsbedingungen in kirchlichen Einrichtungen mitbestimmen dürfen. Von einer völligen Gleichstellung kann dennoch keine Rede sein. Denn Streik als Druckmittel ist nach Kirchenrecht noch immer verboten.

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